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Setzten Investoren angesichts der jüngsten Fintech-Skandale wieder vermehrt auf handfeste Anlagen?

Letzte Woche erschütterte ein Finanzskandal die Börsenwelt. Beim deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard sind 1.9 Milliarden der Bilanz nicht mehr auffindbar. Die Aktien des Unternehmens waren nicht nur beliebt bei Anlegern, welche vom rasanten Wachstum der noch jungen und gehypten Tech-Unternehmen profitieren wollten, sondern sie waren auch in Fonds und in komplexeren, strukturierten Finanzprodukten enthalten. Doch möglicherweise wird durch den Skandal bei Wirecard ein vermehrtes Abkehren von Investition in undurchsichtige Tech-Firmen stattfinden, wo Wertschöpfung und Bewertung des Unternehmens schwer fassbar sind, hin zu sichereren Häfen.

Der jüngste Finanzskandal in der Tech-Branche schlägt hohe Wellen, bereits spricht man vom deutschen Enron. Der Aktienkurs von Wirecard verlor in der vierten Juniwoche rund 99 Prozent an Wert (1), ein Verlust, der ebenfalls auf den durch die Coronakrise bereits stark gebeutelten DAX drückte. Das Vertrauen in Unternehmen, die wie Wirecard jung im Neuen Markt tätig sind, ist erschüttert, sowie auch das Vertrauen in die deutsche Finanzmarktaufsicht und den Finanzplatz.

Schon länger munkelten Insider, dass in den Wirecard-Bilanzen etwas faul sein müsse. Akribisch recherchierten Journalisten der Financial Times den Buchungsmanipulationen und fiktiven Auslandgeschäften nach, trotz Drohungen von Seiten Wirecards und der schützenden Hand, die von der deutschen Regulierungsbehörde über das Unternehmen gelegt wurde. Bevor man die Firma genauer unter die Lupe nahm, wurden also versucht die Spekulationsmöglichkeiten mit ihren Aktien einzudämmen. Schlussendlich war es dann der Prüfungsbericht von EY, der endgültig feststellen musste: ein Viertel der Bilanzsumme von Wirecard existiert schlichtweg nicht, ist vermutlich bloss ein Produkt von Luftbuchungen im asiatischen Markt. So wurden den Investoren und der Öffentlichkeit ein jährliches Wachstum von 30-40% vorgegaukelt, dass es real gar nicht gab und das Unternehmen künstlich überbewertet. Nun hat Wirecard Insolvenz angemeldet und die Investoren stehen vor einem Totalverlust. (2)

Investoren, darunter offenbar auch Schweizer Pensionskassen (3), die direkt in Aktien von Wirecard investiert hatten, sehen ihre Vermögenswerte buchstäblich verpuffen. Obgleich der Gerüchte und Zweifel erfreuten sich die Titel des Unternehmens grosser Beliebtheit. Anleger hatten ein Auge auf die junge Firma geworfen, da sie eine Investitions- und Diversifikationsmöglichkeit in die Digitale Transformation und somit in die Zukunft zu bieten schien. Ein beinahe mechanisches Wachstum und eine fulminante Wertsteigerung der Aktie bestätigten das Geschäftsmodel des Fintech-Zahlungsdienstleisters. Doch nicht nur die direkten Aktieninhaber sind vom Fall des deutschen DAX-Unternehmens betroffen, sondern auch Fonds, ETF’s und strukturierte Finanzprodukte, in denen die Aktie enthalten war. So werden an der Schweizer Börse 278 strukturierte Produkte gehandelt, welche die Aktien verwenden, mehrheitlich als Basiswert. Hier droht dem Investor, dass er zum Ende der Laufzeit des Produkts, resp. beim Reissen der Barriere, eine fast wertlose Wirecard-Aktie einstreicht, anstatt dem erhofften Renditegewinn in Form eines Zinses. Da Spekulationen mit solch strukturierten Finanzprodukten aufgrund der erhöhten Volatilität besonders in Krisenzeiten gefragt sind, könnte der Ausfall zudem mehr Anleger als sonst treffen. (4)

Der Wirecard-Skandal führt einmal mehr vor Augen, Aktienpapiere und ähnlich gestrickte Finanzprodukte bergen Risiken, Renditen werden nur in Kompensation dieser gemacht. Der Börsenwert eines Unternehmens kann aus der Luft gegriffen sein, der unterlegte Titel ein blosses Spekulationsobjekt, die Kontrolle der Märkte komplett versagen. Im Bayrischen Rundfunk titelte ein Kommentar treffend: « Nach Wirecard-Skandal wirkt Börse wie eine Zockerbude» (5). Es ist nicht zu hoffen, dass Anleger weiterhin mit ihrem Ersparten pokern lassen.


(1) https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/wirecard-aktie-wird-zum-spielball-von-spekulanten-a-1308076.html
(2) https://www.nzz.ch/podcast/wirecard-aufstieg-und-fall-eines-boersenstars-nzz-akzent-ld.1563189
(3) https://www.srf.ch/news/wirtschaft/bilanzskandal-bei-wirecard-das-vertrauen-ins-unternehmen-ist-dahin
(4) https://www.nzz.ch/finanzen/wirecard-aktie-darum-liebte-die-struki-branche-sie-ld.1563133?reduced=true
(5) https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/kommentar-nach-wirecard-skandal-wirkt-boerse-wie-eine-zockerbude,S2HUjgw
Image: https://www.flickr.com/photos/157270154@N05/26707092409

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Autor : S.M.



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