Edelmetall-Anlagen Das dunkle Geschäft mit dem Gold
Der Goldpreis hat einen weiteren Rekord geknackt. 1622 Dollar kostete die Feinunze in der Spitze. Der Boom hat längst Banken und Fondshäuser erfasst. Bei vielen Produkten ist der Begriff Gold aber nur Fassade.
Der Goldpreis steigt immer höher - davon wollen viele profitieren. Quelle: dpa
Es ist die Geschichte von Schuldenkrise und Zukunftsängsten, von einem Massenphänomen und einem Mythos. Wo immer derzeit an den Finanzmärkten über die Entwicklung der kommenden Jahre diskutiert wird, stets fällt der Name eines Investments, das vielen Anlegern als Inbegriff für Sicherheit und Werterhalt gilt: Gold.
Die Branche der Produktentwickler in den Banken und Fondshäusern hat diesen Trend längst erkannt. Zuhauf kommen täglich neue Produkte mit dem Edelmetall im Namen an den Markt.
Sie alle generieren vor allem eines: Wer als Anleger nicht das nötige Geld oder den sicheren Aufenthaltsort für Goldbarren- oder münzen hat, kann sich über Wertpapiere an ihnen beteiligen und so am steigenden Preis partizipieren. Für den Krisenfall geeignet - genau dieser Gedanke spielt bei Gold-Investments stets die dominante Rolle - sind indes nur wenige dieser Vehikel. Das hieße nämlich, dass sich Anleger das Gold tatsächlich ausliefern lassen könnten.
Zwei Produkttypen gilt es zu unterscheiden: Zum einen börsengehandelte Goldfonds - ETCs - oder in der Langform Exchange Traded Commodities genannt. Was viele Anleger nicht wissen: Es handelt sich um Schuldverschreibungen eines Emittenten - aus rechtlicher Sicht also um Zertifikate. Geht der Emittent pleite, ist das Investment ähnlich wie einst bei Lehman-Zertifikaten futsch.
Um daher alle Bedenken bereits im Keim zu ersticken, bedienen sich Emissionshäuser einer offensichtlich sicheren Variante: Sie kaufen physisches Gold, um damit den ETC zu unterlegen. Weil in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Geld in diese Fonds geflossen ist, haben sie allein im zweiten Quartal 45 Tonnen Gold erworben. Weltweit lagern bei den acht größten Anbietern jetzt 2 200 Tonnen Gold.
In Anbetracht der weltweiten Reserven, die zum Jahreswechsel bei über 30 000 Tonnen lagen, ist das eine erhebliche Menge. Das treibt unweigerlich den Goldpreis, zuletzt auf Rekordwerte von über 1 600 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die meisten Bestände lagern in London.
Das alles wirkt auf den ersten Blick sicher und vertrauenserweckend. An das hinterlegte Gold kommen Anleger aber bei den Produkten großer Anbieter wie der Deutschen Bank und der Royal Bank of Scotland nicht. Und bei den Produkten, wo die Auslieferung theoretisch möglich wäre wie bei Xetra Gold der Deutschen Börse oder dem Gold Bullion Securities von ETF Securities, ist dies zumindest in der Praxis problematisch.
"Bei Xetra Gold beispielsweise zahlt der Anleger die Lieferkosten", sagt Detlef Glow von Lipper Research. Die sind hoch. Da sei es sinnvoller, das Produkt zu verkaufen und mit dem Geld Goldmünzen zu erwerben.
Beim Gold Bullion Securities ist eine Auslieferung gar nur mit bürokratischem Aufwand verbunden. Das Gold kann nur zu einem Händler gehen, der am Londoner Goldmarkt zugelassen ist. Das Gold läge dann selbst bei Auslieferung weiter in London, nur eben in einem anderen Tresor.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: "Es ist zwar Gold hinterlegt, meist aber nicht in einer Stückelung, die der Kunde wünscht", sagt Thorsten Proettel, Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg. In der Regel werde das Edelmetall für ETCs in Form von Standardbarren gekauft, die 12,5 Kilo beziehungsweise 400 Unzen wiegen. Die Kunden wollen dann aber oft Kilo-Barren. Das Material muss also umgeschmolzen werden.
"Die Formung von Barren, der Transport und die Versicherung kosten Geld. Das alles müssen Anleger zahlen, wenn sie sich Barren liefern lassen", sagt Önder Ciftci, Gründer und Geschäftsführer des Edelmetallhändlers Ophirum.
Wer seinen Gold-Anteil da lieber beim Emittenten belässt, der macht eine andere schmerzliche Erfahrung. Allein die Gebühren für Lagerung und Versicherung betragen zum Beispiel bei Xetra Gold 0,357 Prozent pro Jahr.
Wer es günstiger haben will, greift deshalb zu Gold-Zertifikaten. Die haben in der Regel weder Lagerkosten noch Managementgebühren. Doch sie haben einen Makel, der den ursprünglichen Sicherheitsgedanken von Gold geradezu konterkariert. Wenn nämlich im schlimmsten Fall der Emittent pleitegeht, werden die Papiere wertlos, sie verfallen.
Dennoch: Der Absatz solcher Papiere ist in den vergangenen Monaten vehement gestiegen. Gold-Zertifikate im Wert von rund 1,5 Milliarden Euro lagern die Deutschen inzwischen in ihren Depots. Unter Sicherheitsaspekten können sie das nicht gewollt haben.
© 2011 Handelsblatt GmbH
Autor : Matthias von Arnim, Christian Schnell, Regine Palm
Quelle : www.handelsblatt.com
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